Rückblick 2024

Tiefe Stollen und lange verborgene Gärten – “Oberwesel liest” wieder an ungewöhnlichen Orten

»Wir sind aus Frankfurt hergekommen, weil uns Freunde von dieser Veranstaltung berichtet haben – und wir sind begeistert!« schwärmen zwei Besucher von “Oberwesel liest”. Bereits zum vierten Mal lud Initiatorin Monika Seckler am 6.7.24 zur Schlenderlesung ein, um an fünf ungewöhnlichen Orten aus fünf neuen Büchern von diesmal acht Oberweseler Köpfen vorgelesen zu bekommen. Zwischendurch gab es Snacks und natürlich guten Mittelrhein-Wein. 

Die 100 Eintrittskarten waren schnell ausverkauft. Sie blieben nicht nur in der Region, sondern gingen u.a. auch nach Bonn, Frankfurt, Mainz und an die Mosel. Die Gäste wurden in fünf Gruppen eingeteilt, um dann gemeinsam von Leseort zu Leseort zu schlendern. Literarisch gings los mit “Yoga-Town”, einer Beatles-Hommage, gelesen von Kathrin Martin und musikalisch begleitet von ihr zusammen mit Dieter Drevermann. Leseort war der Privatgarten Kahl, früher vielen in liebevoller Erinnerung als Straußwirtschaft Henrich. “Feldpost”, das von einer verbotenen Liebe zwischen zwei Männern im Zweiten Weltkrieg erzählt, wurde von Monika Lipp im sonst nicht zugänglichen Stollen bei Hildegard Ev gelesen, Gänsehaut inklusive. 

Christian Büning las “Going Zero” im Krönchen, einem Thriller über den ungleichen Kampf zwischen einer Bibliothekarin und allmächtigen Überwachungsmaschinen. In der Katharinenkapelle las Mechtild Sabel “Das Jahr ohne Sommer”, das vom bitteren Loslassen und langsamen Wurzeln schlagen nach der Teilung Deutschlands erzählt. 

Den “Zauber der Stille” gab es schließlich in der Liebfrauenkirche. Eine Liebeserklärung an die Romantik, kongenial von Jessica Oldach und Pfarrer Joachim Fey inszeniert. Als Bonbon gab es dort gesangliche Umarmungen von Melanie Joras, leichtfüßig von Lukas Stollhof am Flügel begleitet. So viel gute Literatur löste natürlich den Wunsch aus, weiter zu lesen. Praktischerweise konnten die Bücher dank Schreib- + Spielwaren Hermann direkt vor Ort erworben werden. 

Auf den Eintrittskarten konnten die Gäste schließlich jedes Buch bewerten und Feedback zur Veranstaltung geben, was rege genutzt wurde. Die Resonanz war durch die Bank euphorisch, viele drückten ihre Freude aus und den Wunsch nach weiteren solcher Angebote. 

“Das Konzept von “Oberwesel liest” ist aus einer Laune heraus entstanden”, erklärt Seckler. “Die Auswahl der Bücher ist absolut subjektiv, sie müssen nur neu sein – und natürlich gut geschrieben” beschreibt sie weiter. „Umso mehr freut es uns, dass das Gesamtpaket den Gästen offensichtlich gut gefallen hat.” 

Möglich gemacht wurde dieses ehrenamtlich organisierte Event durch viele helfende Hände und Köpfe, die als Vorleser, Moderatoren oder in der Verpflegung den Gästen in Oberwesel einen lauschigen Nachmittag bereiteten. Beim anschließenden Ausklang mit den mittlerweile über 20 Mitwirkenden im Krönchen war die Begeisterung über den fulminant gelungenen Nachmittag zu spüren. Die Frage, ob es im nächsten Jahr weiter gehen soll, wurde mit Jubel bejaht. “Oberwesel liest” wird freundlicherweise vom Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal unterstützt.

Fotos: Franziskus Weinert, Ute Drevermann